Essen auf Tonga

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William Mariner war ein englischer Matrose, der im Jahr 1805 bei der Südseeinsel Tonga Schiffbruch erlitt und lange Zeit dort lebte. Er hat seine Geschichte einem Schriftsteller namens John Martin erzählt.

Mr. Mariner und seine Kameraden, ohne Kenntnis der Sprache des Landes und der Bräuche der Leute, waren oft sehr verzweifelt, weil sie nichts zu essen hatten: manchmal brachte man ihnen Essen, aber oft auch nicht; manchmal wurden sie von den Einwohnern eingeladen, ins Haus zu kommen und mit ihnen zu essen; aber oft schien man sie ziemlich zu vernachlässigen, und sie waren genötigt, sich das, was sie brauchten, heimlich zu verschaffen. Schließlich teilte Mr. Mariner dem König durch die Übersetzung Tui Tuis ihre Nöte mit. Der König war sehr überrascht über ihre offensichtliche Dummheit, und erkundigte sich, wie man sich denn in England Nahrung verschaffte. Und als er hörte, dass jedermann die nötigen Vorräte für sich und seine Familie selber durch Kauf erwarb, und dass seine Freunde allermeistens nur dann am Essen teilnahmen, wenn sie dazu aufgefordert wurden, und dass Fremde praktisch nie eingeladen wurden, da lachte er über die – wie er es bezeichnete – Schlechtigkeit und Selbstsucht der Weißen. Und er erzählte Mr. Mariner, dass die tonganische Sitte viel besser sei, und dass er, wenn er sich hungrig fühlte, nichts anderes zu tun brauchte, als in irgendein Haus, in dem gerade gegessen und getrunken wurde, hineinzugehen, sich hinzusetzen und mitzuessen.
Danach wurde unter den Einwohnern die Selbstsucht der Europäer, wie sie es nannten, geradezu sprichwörtlich: wenn irgendein Fremder in ihr Haus kam, um mitzuessen, dann sagten sie zum Spaß: Nein! Wir werden dich auf Papalangi-Art behandeln: Geh heim, und iss, was du hast, und wir werden essen, was wir haben.

Aus: Tonga Islands: William Mariner’s account : an account of the natives of the Tonga Islands in the South Pacific Ocean, with an original grammar and vocabulary of their language. Vava’u Press; 4th ed., 1981. ASIN B0006EB4WI

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