Zu Silvester lassen wir’s krachen. Das ist schon in Ordnung so. Wenn Menschen sich freuen, machen sie Lärm, und wenn sie Lärm machen, glauben sie, dass sie sich freuen. Das ist unsere Natur.
Ja, da wird unnütz Geld verpulvert, da werden unglaubliche Werte in die Luft gejagt. Aber auch das gehört zur Freude. Geld oder Kraft oder andere Werte unnütz verpulvern ist eine Grundform menschlichen Verhaltens: zeigen, dass man es kann, zeigen, dass man es sich leisten kann, zeigen, dass man mehr kann als gerade nur kümmerlich am Leben bleiben.
Gespendet wird deswegen auch nicht weniger. Jedes Jahr gibt es Verkaufsrekorde bei Silvesterraketen und Spendenrekorde bei „Licht ins Dunkel“. Dem Spenden und Schenken liegen ganz ähnliche Bedürfnisse zugrunde wie dem unnützen Verpulvern von Energie. Soll es ruhig krachen zu Silvester.
Nur: dass das ganze Geknalle schon Ende Oktober losgeht, das ist einfach Scheiße. Das ist wie Weihnachtspäckchen schon am 23. aufzumachen, wie Sex vor der Hochzeit – na gut, Sex vor der Hochzeit ist was anderes, das lassen wir jetzt raus – es ist, wie dem Osterhasen beim Eierverstecken zuschauen. Die Verlockung ist groß, aber wenn man ihr nachgibt, macht man was kaputt. Wenn’s losgeht am 31. Dezember um Mitternacht, dann geht gar nichts los. Man ist nur froh, dass der Krach jetzt bald nachlassen wird. Ich find’s schade.
Und das ist wieder einmal so eine Verstrickung: Wenn das ganze voreilige Geknalle dazu führt, dass das Mitternachtsfeuerwerk sowieso keine Sensation mehr ist, dann gibt es auch keinen Grund, bis Mitternacht zu warten. Da schießt man seine Raketen lieber früher ab, solange sie noch Effekt machen. So geht der Krach von Jahr zu Jahr früher los.
Das ist wie mit dem Wettrüsten. Oder so.