In der U-Bahn

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Halb acht Uhr früh, ich bringe meine Tochter zur Schule. In der U-Bahn sagt eine kleine, etwas rundliche Frau mit Brille etwas zu mir. Ich schiebe meine Haube von einem Ohr hoch, weil ich sie in der lauten U-Bahn nicht verstehe: „Wie bitte?“
„Guten Tag!“.
„Guten Tag!“ antworte ich. Kennt sie mich? Kenne ich sie? Sollte ich sie kennen?
Nein, sicher nicht.
Sie hält auch meiner Tochter die Hand hin und grüßt sie höflich. Dann beginnt sie zu erzählen: Sie ist 38 Jahre alt. Sie hat zwei Kinder, die in die Schule gehen. Eins in die Volksschule und eins in die Hauptschule.
An ihrer etwas schweren Zunge und dem leicht kindlichen Tonfall erkenne ich, dass ich es mit einer Person mit Lernbehinderung zu tun habe. Und natürlich an dem Umstand, dass sie wildfremde Menschen in der U-Bahn freundlich grüßt und ein Gespräch beginnt. Denn welcher normale Mensch macht schon sowas, nicht?

Nulltoleranz

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Es gibt vieles, was unsere Gesellschaft nicht tolerieren sollte. Aber immer, wenn ich den Ausdruck „Nulltoleranz“ höre oder lese, rinnt es mir kalt über den Rücken. Nulltoleranz bedeutet, es sich leicht machen. Kein Abwägen der Umstände, kein Beurteilen der Person, ihrer möglichen Motive, kein Einschätzen der Schwere der Übertretung – Nulltoleranz ist einfach ein anderes Wort für „kurzen Prozess machen“.