Jeden Tag, wenn ich mit dem Fahrrad an dieser Ecke vorbeifahre, so zwischen acht und halb neun am Vormittag, stehen da zwei Männer, ein älterer und ein jüngerer. Der ältere hält den jüngeren um die Mitte gefasst vor sich, denn der jüngere, anscheinend mehrfach behindert, kann alleine nicht stehen. Ihre Kleidung ist ärmlich, beide tragen Wollmützen und Windjacken.Ihre Hautfarbe ist bräunlich, die Gesichtszüge sind asiatisch. Sie könnten von den Philippinen stammen oder aus Indonesien. Der jüngere sieht dem älteren ähnlich, obwohl sein Gesichtsausdruck durch die Behinderung entstellt ist. Er ist vielleicht sein Sohn oder sein jüngerer Bruder. Mit herunterhängender Lippe, hervorquellenden Augen wirkt sein Blick stier, verständnislos. Der ältere steht hinter ihm, hält ihn fest, sein Gesichtsausdruck ist verhalten, verrät nichts. Jeden Tag führt er den Sohn da hinaus, wahrscheinlich nur ein paar Schritte vors Haus, jeden Tag steht er mit ihm da und hält ihn fest, damit er an die frische Luft kommt, vielleicht auch, damit er etwas sieht, Menschen und Autos, die da vorbeiziehen. Man sieht es dem Sohn nicht an, ob er gern da ist, ob er versteht, was er sieht. Man sieht es dem Vater nicht an, ob er aus Liebe zu seinem Sohn da steht oder aus Pflichtgefühl, ob ihn der Zustand des Sohns bekümmert. Er spricht nicht zu ihm, er zeigt ihm nichts, er deutet nicht. Er hält ihn nur fest, damit er nicht umfällt. Es ist, wie es ist, und man tut, was zu tun ist, und sie beide gehören zusammen. Aber was weiß ich schon. Ich weiß nur, dass sie immer da stehen, wenn ich vorbeiradle, zwischen acht und halb neun, wortlos, fast ohne Bewegung, der eine den anderen festhaltend, jeden Tag.