Bei der Evolution weiß man nie, was rauskommt

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Es gibt eine Zeitschrift für Unkrautwissenschaft. Eigentlich nur auf den ersten Blick überraschend. In dieser habe ich gelesen, wie der Roggen zur nützlichen Pflanze geworden ist: nämlich weil die Menschen ihn weghaben wollten!

Vor ungefähr zehntausend Jahren haben Menschen im Nahen Osten angefangen, Weizen anzubauen. Der Roggen, ein naher Verwandter des Weizens, hat sich auf den Weizenäckern wohlgefühlt. Er war den Menschen aber zu nichts nütze, denn er hatte nur wenige kleine Körner, und außerdem war er mehrjährig, das heißt, eine junge Pflanze brachte im ersten Jahr gar keine Samen hervor. Aber in den Weizenfeldern ist er prächtig gediehen. Klarer Fall von Unkraut also.

Daher haben die Menschen die Roggenpflanzen ausgerissen, wenn sie sie gesehen haben. Und am leichtesten entdeckt haben sie natürlich die, die am wenigsten wie Weizen ausgesehen haben. Je ähnlicher eine junge Roggenpflanze dem Weizen war, um so besser war ihre Chance, beim Jäten übersehen zu werden. Also ist der Roggen dem Weizen von Generation zu Generation immer ähnlicher geworden, mit größeren Körnern, die weniger leicht abgefallen sind.

Das zweite was passiert ist, war, dass einige Mutanten unter den Roggenpflanzen doch schon im ersten Jahr ausgesamt haben. Wenn die Menschen nach der Ernte ihre Äcker umgegraben haben, haben sie die Wurzeln der Roggenpflanzen dabei ausgerissen. Aber die Körner sind im Boden geblieben. Also ist der Roggen nach und nach einjährig geworden. Aus dem Unkraut ist ein brauchbares Getreide geworden und durfte in den Äckern stehen bleiben. Und als sich der Ackerbau nach Norden ausgebreitet hat, hat sich gezeigt, dass der Roggen ein härteres Klima aushält als der Weizen, und so war der Getreideanbau im Norden überhaupt erst möglich. Bingo!

Herausgefunden hat das Ganze ein russischer Botaniker namens Nikolai Vavilov. Der ist bei Stalin in Ungnade gefallen und Stalin hat ihn ermorden lassen.

Meisten geht die Sache für uns aber nicht so gut aus wie beim Roggen. Je ausgefeilter die Techniken zur Unkrautvernichtung werden, um so besser passt sich das Unkraut an. Dass Unkräuter resistent werden gegen Herbizide, ist relativ bekannt. Wenn Unkräuter aber nach äußerlichen Gesichtspunkten gejätet werden, passen sie sich äußerlich an. Es gibt zum Beispiel eine Pflanze, die inzwischen fast perfekt wie Linsen aussieht, aber leider nicht essbar ist, weil die Früchte bitter schmecken. Zur Bekämpfung werden Jätroboter eingesetzt, die das Unkraut optisch erkennen sollen. Die tun sich aber von Jahr zu Jahr schwerer …

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